Neuregelung: Handynutzung an Schulen 9633

Im Zuge der Änderung des Artikels 56 Absatz 5 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) mit Wirkung zum 1. August 2022 hat sich der rechtliche Rahmen für die Nutzung von digitalen Endgeräten an Schulen verändert.

Im Folgenden werden die verschiedenen Artikel der Themenseite – Private Nutzung digitaler Endgeräte von mebis auf einer Seite zusammengefasst und mit eigenen Kommentaren ergänzt.

1) Rechtlicher Überblick

Die Verwendung von Handys und anderer digitaler Endgeräte ist für Schülerinnen und Schüler nach der Neuregelung des Art. 56 Abs. 5 BayEUG zulässig
1. im Unterricht und bei sonstigen Schulveranstaltungen, soweit die Aufsicht führende Person dies gestattet (alle Schulen und Jahrgangsstufen).
2. im Übrigen im Schulgebäude und auf dem Schulgelände, soweit dies die Schulleitung im Einvernehmen mit dem Schulforum allgemein oder die Aufsicht führende Person im Einzelfall gestattet (gilt nicht für Grundschulen und die Grundstufen an Förderschulen).

Art. 56 (5) Satz 1 BayEUG

Bisher durften Schülerinnen und Schüler ihr Handy nur mit expliziter Erlaubnis für nicht unterrichtliche Zwecke nutzen. Mit der Änderungen des Art. 56 können nun weiterführende Schulen schuleigene Regelungen im Umgang mit digitalen Endgeräten (Handys, Tablets, …) aufstellen.

Die Möglichkeit, eigene Nutzungsregeln festzulegen, besteht nicht für Grundschulen. Hier sollte die Nutzung mobiler Endgeräte stets pädagogisch begleitet erfolgen!

Ein konkretes Beispiel

Handnutzungsregelung der Staatliche Wirtschaftsschule Eschenbach i. d. OPf.

Mit Hilfe folgendem Beispiels der Wirtschaftsschule in Eschenbach kannst du die neuen Möglichkeiten, die die Änderung des Art. 56 eröffnen, am einfachsten verstehen. Hier wurde zum Beispiel geregelt, dass Schülerinnen und Schüler während der Pausen in der Aula und im Außenbereich fast uneingeschränkt ihr Handy nutzen dürfen. Dafür wurden folgende Nutzungsregeln erstellt:

Was gilt ohne schuleigene Regelung?

Sollte die Schule keine eigenen Regelungen erstellen, bleibt alles beim Alten. Es dürfen Handys nur genutzt werden, wenn die Aufsicht führende Person dies explizit erlaubt.

Weitere rechtliche Fragestellungen

§ Sind Ton- und Bildaufnahmen zulässig?

Niemand darf gegen seinen Willen fotografiert oder gefilmt werden. Demzufolge dürfen Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie sonstige Personen nur dann fotografiert oder gefilmt werden, wenn die betreffende Person das explizit erlaubt.

Zu unterrichtlichen Zwecken ist die Anfertigung von Video- und Tonaufnahmen ausnahmsweise zulässig, wenn dies für den Lernfortschritt erforderlich ist.

§ Dürfen Handys kontrolliert und einbehalten werden?

Gegen den Willen der Betroffenen dürfen Lehrkräfte Schülerhandys oder andere digitale Endgeräte ebenso wie andere private Gegenstände nicht durchsuchen.

Bei Verstößen gegen Aufgaben und Pflichten dürfen Lehrkräfte Smartphones oder andere digitale Endgeräte vorübergehend einbehalten. Bei einem ersten Verstoß wird deshalb für gewöhnlich eine Ermahnung ausreichen. Erst bei mehrfachen Verstößen wird das digitale Endgerät vorübergehend einbehalten werden. In der Regel wird ein digitales Endgerät spätestens am Ende des jeweiligen Schultages zurückzugeben sein.

Beispiel: Sollte ein Schüler wiederholt gegen die Regelungen verstoßen haben, kann es aus pädagogischer Sicht sinnvoll sein, der Schülerin bzw. dem Schüler am Ende des Schultages das Gerät nicht wieder auszuhändigen, sondern die Erziehungsberechtigten der Schülerin oder des Schülers zum Gespräch einzubestellen und ihnen im Zuge dessen das Gerät zurückzugeben. Sollte ein solcher Termin erst nach einigen Tagen (oder sogar erst nach der Dauer eines Wochenendes) zustande kommen, kann es ausnahmsweise auch gerechtfertigt sein, das Gerät für diesen Zeitraum einzubehalten. Selbiges gilt für Klassen- und Studienfahrten.

2) Warum könnte eine Schule schuleigene Regeln für die Handynutzung erstellen?

Der Gesetzesänderung vorausgegangen ist ein mehrjähriger Schulversuch. Die überwältigende Mehrheit der zum Schulversuch „Private Handynutzung an Schulen“ (2018 – 2020) befragten Schulleitungen und (verantwortlichen) Lehrkräfte bewertete die Einführung der schuleigenen Regelungen unter Angabe vielfältiger Gründe als Erfolg.

Hier werden nun einige mögliche Vor- und Nachteile von schuleigenen Regeln aufgeführt. Die Links leiten dich direkt zum ausführlichen mebis-Artikel:

Vorteile können sein:

Chance 1: Lebensweltbezug

„Mobile Endgeräte gehören zur Lebensrealität von Erwachsenen und eben auch von Jugendlichen und sollten deshalb auch an Schulen erlaubt werden.“

Chance 2: Medienerzieherischer Beitrag

„Gute Regelungen zur privaten Nutzung digitaler Endgeräte (Erarbeitungsprozess, Einführung, Durchsetzung, festgelegte begleitende Maßnahmen) kann einen wesentlichen Beitrag zur Medienerziehung leisten.“

Chance 3: Entlastung der Lehrkräfte

„Eine klare Regelung bezüglich der Nutzung digitaler Endgeräte zu privaten Zwecken entlastet Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler.“

Chance 4: Verbesserung des Schulklimas

„Der Entstehungsprozess unter Einbezug der gesamten Schulfamilie und eine gemeinsam erarbeitete und deshalb getragene Regelungen können zu einem deutlich verbesserten Schulklima beitragen.“

mebis.bayern.de

Mögliche Probleme:

Einwand 1: Aufwendige Kontrolle

„Differenzierte Regelungen erschweren die Kontrollierbarkeit und bedeuten deshalb mehr Aufwand für die Lehrkräfte.“

Einwand 2: Erhöhtes Suchtpotenzial
„Handys machen süchtig bzw. schaden Kindern insgesamt. Die Schule sollte hier ein Schutzraum sein.“

Einwand 3: Zunahme von Cybermobbing
„Wenn Handys erlaubt werden, könnte es zu vermehrten Konflikten in Zusammenhang mit Cybermobbing, unerlaubtem Filmen und Fotografieren von Mitgliedern der Schulfamilie kommen.“

Einwand 4: Weniger Bewegung und reale Kontakte

„Erlaubt man Handys, so bewegen sich die Schülerinnen und Schüler in den Pausen weniger, haben weniger reale Kontakte und die „echte“ Kommunikation leidet. Dies wirkt sich negativ auf die Konzentration und das Schulklima allgemein aus.“

mebis.bayern.de

Diese Auflistung kann dir bei der Entscheidung helfen, ob schuleigene Regelungen erstellt und ob die Nutzung von digitalen Endgeräten geöffnet werden soll. Auch wenn alles beim Alten bleiben soll, kann es sinnvoll sein, die bereits bekannten Regeln nochmals zu überblicken und diese am Schuljahresanfang der Schulfamilie wiederholend mitzuteilen, damit mögliche Unklarheiten beseitigt werden können.

3) Erstellen und Einführen von Nutzungsregeln

Solltest du dich entschieden haben schuleigene Regeln nach Art. 56 zu erstellen, kann dir folgender Leitfaden weiterhelfen.

Die hier vorgestellte Vorgehensweise ist ein sehr ausführlicher und langwieriger Prozess, der nicht eins zu eins umgesetzt werden muss. Wichtige Aspekte sind jedoch:

  • Initiative durch die Schulleitung, Schulforum, Kollegium, …
  • Erstellung soll ein Prozess einer Gruppe und nicht einzelner Personen sein.
  • Andauernde Kommunikation und Austausch über die einzelnen Schritte mit der Schulfamilie.
  • Regeln an die Rahmenbedingungen der Schule anpassen.
  • Veröffentlichung der Regeln auf breiter Ebene: In den Klassen, Informationsveranstaltung, Elternbrief, Schulhomepage, …
  • Es ist sinnvoll, medienpädagogische Maßnahmen zu den Nutzungsregeln durchzuführen und diese im Mediencurriculum zu verankern (z.B.: Medienführerschein, …).
  • Visualisierung der Regeln im Schulhaus.
  • Mini SchILFs zu den Regeln.
Mögliche Projektphasen mit Arbeitspaketen.

Phase 1 (Link zu mebis)
Von der Initiative zum Ausarbeitungsbeschluss

Phase 2 (Link zu mebis)
Vom Ausarbeitungsbeschluss zur Projektplanung

Phase 3.1 (Link zu mebis)
Vom Ideenaustausch zur Regelsammlung

Phase 3.2 (Link zu mebis)
Von der Regelsammlung zur Regelungssystematik

Phase 4 (Link zu mebis)
Veröffentlichung und Einführung

Review und Überarbeitung (Link zu mebis)

4) Praktische Beispiele und Tipps

Hier werden einige Beispiele von Nutzungsregeln aufgezeigt, die von dir direkt bearbeitet und genutzt werden können. Die Beispiele stammen vom mebis-Artikel: Materialien und Vorlagen für den direkten Gebrauch. Dort sind noch viele weitere Vorlagen zu finden, zum Beispiel auch ein Anschreiben an die Eltern, wenn ein Schüler/eine Schülerin gegen die Regeln verstoßen hat.

Nutzungsregeln

Elternbrief

Aushang für die Schule

Neben diesen Vorlagen gibt es noch Good Practice Beispiele der Schulen, die am Schulversuch „Private Handynutzung an Schulen“ teilgenommen haben.

Solltest Du weitere Fragen zur Nutzung von digitalen Endgeräten an Schulen haben, oder Hilfe bei der Erstellung eigener Nutzungsregeln benötigen, kannst du mich gerne per Mail: r.scheglmann@gmail.com kontaktieren.

Links:

unsere-schule.org

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